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MMM-Club

August 2022

Food Campus Berlin: „Unternehmensplattform für eine zukunftsfähige Foodbranche“

VON Simone Krah

Es geht voran mit dem Großprojekt in der Hauptstadt: Die Baugenehmigung für den Food Campus Berlin wurde im Juni erteilt, jetzt geht es zeitnah mit den Arbeiten los. Direkt am Teltow-Kanal in Berlin-Tempelhof, wo einst die Kohle vom Schiff auf die Schiene verladen wurde, entsteht auf 40.000 Quadratmetern ein Zukunftsort der Ideen und der Lösungen für die Branche. Die MMM-Clubnews sprachen über das 200-Millionen-Euro-Projekt mit dem Food Campus-Chef Jörg Reuter und mit Christian Hamerle, CEO und Co-Founder vom Food Service Innovation Lab by Dussmann. Beide haben ein Innovationsbündnis geschmiedet, um am Food ­Campus Berlin nichts weniger als die „spektakulärste Kantine Europas“ zu implementieren.

MMM: Jörg Reuter – Hand aufs Herz. Wie erleichtert sind Sie, dass es jetzt wirklich losgeht?

REUTER: Sehr erleichtert, das ist ein tolles Startsignal. Jetzt sind wir in der Vorbereitung und in wenigen Wochen kann es mit den Bauarbeiten richtig losgehen! Zudem starten wir parallel digital und launchen am 6. September 2022 den Virtuellen Food Campus, der Food-Profis zusammenbringt und neben einem KI-gestützten Community-Management über einen Newsroom verfügt und erste Campus-Akademie-Formate an den Start bringt.

MMM: Für wen ist der Food Campus interessant?

REUTER: Der Food Campus versteht sich als eine Unternehmensplattform für eine zukunftsfähige Foodbranche. Wir stehen für einen holistischen, ideologiefreien Ansatz, um im Sinne der Menschen und der Belastungsgrenzen der Erde zu agieren. Im Gegensatz zu Think Tanks wollen wir ein Ort konkreter Lösungen sein und Kollaborationen fördern.  Wir sind für die Industrie, den Handel, die Foodservice-Branche und Start-ups interessant, wie der große Zuspruch zeigt. Erste Mietverträge sind bereits unterzeichnet, viele weitere Gespräche laufen. 

MMM: Was bietet der Campus konkret?

REUTER: Der Campus bietet neben den individuell anmietbaren Flächen ein ganzes Ökosystem an Möglichkeiten vor Ort. So kann die Infrastruktur des europaweit einmaligen „Regenerative New Protein Hub“ mit genutzt werden. Flexibel können Meetingräume hinzugebucht werden. Zwischen den Gebäuden befindet sich der Break-out-Garden, eine Rooftop-Farm mit Rückzugsräumen für Arbeitsgruppen und Meetings. Unsere Kantine verstehen wir als „Community-Food-und-Meeting-­Space“.  Dass wir auch hier das Planetary-Health-Prinzip leben, versteht sich von selbst. Und Unternehmen können sich präsentieren.

MMM: Stichwort Kantine, die mit dem Foodservice Innovation Lab entwickelt wird und die das Ziel hat, die „spektakulärste Kantine Europas“ zu werden. Wie wollen Sie diesem Anspruch gerecht werden?

HAMERLE: Wir haben es uns zum Ziel gemacht, die Ernährung der Zukunft auf den Teller zu bringen und wollen mit Blick auf die planetaren Grenzen gemeinsame Lösungen für die Branche erarbeiten. Wir als Foodservice Innovation Lab verstehen uns dabei als Dienstleistungs- und Innovationsplattform für Genusskultur. Das wollen wir am Food Campus spielen. Das Konzept ist dabei insbesondere mit Blick auf das Thema Nachhaltigkeit wegweisend.

MMM: Inwiefern konkret?

HAMERLE: Nach der Mobilitäts- und der Energiewende folgt jetzt die Ernährungswende. Lebensmittel sind für 30 Prozent der Treibhausgasemis­sion zuständig. Hier müssen wir ansetzen, u. a. durch Veränderungen bei der Produktion, den Lieferketten und bei dem, was auf den Tellern landet. Dazu müssen wir die Zukunft der Ernährung neu denken und gestalten und Probleme gemeinsam angehen.

MMM: Welche Rolle wird die Digitalisierung mit Blick auf die Kantine im Food Campus spielen?

Hamerle: Digitalisierung wird hier eine große Rolle spielen, weil sie Prozesse auf der Wertschöpfungskette automatisiert und uns hilft – Stichwort „Waste Management“ –, mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz Überschüsse zu reduzieren. Das ist ein großer Hebel mit Blick auf eine nachhaltige Produktion.

REUTER: Besonders wichtig ist auch das Bestellmanagement, das über eine App abgewickelt wird und vieles vereinfacht – etwa, die Schlangenbildung an der Kasse zu vermeiden – und uns wichtige Daten liefert. Christian hat in seiner Zeit bei SAP das Zukunftsrestaurant „Data Kitchen“ hier in Berlin mitentwickelt, auf diese Erfahrungen können wir zurückgreifen und sie einfließen lassen.

MMM: Und welche Rolle spielt bei aller Techno­logieaffinität der Faktor Mensch?

HAMERLE: Die entscheidende Rolle. Zunächst einmal geht es uns darum, am Food Campus Menschen zusammenzubringen. Die Kantine ist hier ganz entscheidend für den Austausch. Wir schaffen einen Ort der Begegnung. Gleichzeitig spielen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine ganz wichtige Rolle. Indem sie durch die digitalen Tools bei der Bestellung und Bezahlung entlastet werden, fungieren sie in der Kantine als Gastgeber, Genuss-Botschafter oder Culinary Masterminds, wie wir sie nennen.

MMM: Stichwort Ernährung der Zukunft – wie wird diese aussehen?

REUTER: Die EAT-Lancet-Kommission hat in ihrem Bericht sehr klar gemacht, dass eine umfassende Änderung der Ernährungsgewohnheiten und eine Verbesserung der Lebensmittelproduktion notwendig sind im Sinne der Gesundheit von Mensch und Planet. Ich sehe das als langfristige Entwicklung. Das ist auch der Grund, warum wir uns jetzt in einer Art Zwischenzeit der Ersatzprodukte befinden, die lange anhalten kann. Es kommt ja immer die Frage auf, warum man beispielsweise einen Burger aus Erbsenprotein braucht. Solche Produkte sorgen langfristig für eine Neu-Kalibrierung des Geschmackssystems, die heute bei jungen Menschen schon anders ist als in meiner Generation. Wir sprechen hier von einer langfristigen Entwicklung, weniger von Disruption.

MMM: Welche Rolle wird in diesem Kontext Fleisch in der Campus-Kantine spielen?

HAMERLE: Fleisch spielt auch künftig eine Rolle. Das ist kein Entweder-oder, sondern ein Sowohl-als- auch. Es geht immer um die richtige Balance im Sinne der planetaren Grenzen.

REUTER: Wenn es in der Campus-Kantine Fleisch gibt, wird der Fokus auf regionalem Wild- oder Bio-Fleisch liegen. Ziel ist es, Menschen für die gute Ernährung zu begeistern – egal, ob jetzt Fleisch oder kein Fleisch im Gericht ist.

MMM: … und was ist noch wichtig?

HAMERLE: Wichtig ist, dass wir uns als Ort permanenter Weiterentwicklung verstehen. Wir wollen stets die neuesten Trends und Technologien präsentieren und damit auch Vertrauen in die Zukunft schaffen. In 10 bis 20 Jahren sollen die Menschen darüber sprechen, dass die neue Bewegung in der Essens- und Gastgeberkultur am Food Campus in Berlin ihren Anfang genommen hat. Das ist unser Anspruch und wir sind am Beginn einer Reise.

MMM: Vielen Dank für das Gespräch! 

Das Interview
zum Download

Hier finden Sie die das Interview mit Food Campus-Chef Jörg Reuter
und Christian Hamerle vom Foodservice Innovation Lab by Dussmann.

Download PDF

Kontakt

Jörg Reuter
Head of Food Campus Berlin
und Geschäftsführer Artprojekt Nature & Nutrition GmbH

+49 (0) 30 – 786 006-86
joerg@foodcampus.berlin
www.foodcampus.berlin

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